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  • AutorenbildBirgit Bulla

Warum es die beste Entscheidung meines Lebens war, eine Straßenkatze zu adoptieren

Aktualisiert: 4. Sept. 2020

Würdest du meinen Kater Domi sehen, wäre es um dich geschehen. Schockverliebt auf den ersten Blick. Und das, obwohl er weder wunderschön, noch ganz gesund ist. Aber auch kein Wunder, schließlich hat er jahrelang auf den Straßen Spaniens gelebt und war jeder Menge Gefahren ausgesetzt. Jetzt ist er in Sicherheit und liegt gerade auf meinem Schoß. Dass der Text, den ich gerade schreibe an ihn geht, weiß er natürlich nicht. Das hier wird ein Liebesbrief an meinen Mitbewohner Domi und alle anderen Straßentiere, die dringend ein neues, liebevolles Zuhause suchen – und auf jeden Fall verdient haben!

femininIN Birgit mit ihrem Straßenkater Domi // Photo: ©Birgit Bulla
femininIN Birgit mit ihrem Straßenkater Domi // Photos: ©Birgit Bulla

Ich weiß noch genau, wie es war, als ich Domi das erste Mal sah. Es war auf der Internetseite von Curacanis, einer Tierhilfe, die spanische Tierheime unterstützt. Ich habe ihn damals gar nicht als Katze wahrgenommen. Eher wie einen Luchs oder Marder. Sehr struppig, ein bisschen dreckig und recht dünn. Meine Schwester schickte mir den Link mit den Worten: "Der wird's. Ganz sicher wird er es". Auch sie war von Anfang an hingerissen. Er sah so verletzt und traurig aus. Und trotzdem so lieb und dankbar. Neben der Optik ist Domi leider auch krank. Also, was heißt krank?! Er ist HIV-positiv, hat also FIV, das Feline Immundefizienz-Virus, wie Katzenkenner*INNEN das nennen. Das ist ganz ähnlich wie bei uns Menschen: Die Katze trägt das Virus in sich, das Aids auslösen kann, sie ist aber noch nicht krank. Irgendwann bricht die Krankheit aber aus und das Lebewesen stirbt. Trotzdem können FIV-Katzen sehr alt werden und ein ganz normales Leben leben. Und das darf Domi nun in meiner Wohnung. Daneben ist er halbseitig etwas – nun ja – langsam. Er kann nicht so gut laufen und ist etwas unsicher auf den Pfoten. Anscheinend eine Folge des Straßenlebens, weil er wohl zu wenig getrunken hat und dadurch sein Gehirn leiden musste. Noch dazu wurde er angefahren. Tierschützer fanden ihn liegend auf der Straße, er konnte sich nicht mehr richtig bewegen.


Ich war die einzige, die ihn wollte



Zurück zur Geschichte, wie ich Domi kennenlernte: Mich packte plötzlich ein unglaubliches Gefühl von Hilfsbereitschaft. Ich wollte diesem armen Tier unbedingt ein schönes und sicheres Zuhause schenken, in dem es sich erholen, auskurieren und – ganze wichtig – wohlfühlen kann. Dazu musst du wissen, dass ich schon immer ein ausgeprägtes Helfersyndrom hatte. Ich kann Ungerechtigkeiten nur ganz schwer aushalten. Deswegen hatte meine Schwester recht: Domi wurde es! Das Gute für mich (und eigentlich sehr Schlechte für Domi): Ich war die einzige Bewerberin, die Domi adoptieren wollte. Die Tierschutzorganisation hätte – O-Ton – "nicht zu hoffen gewagt, dass sich überhaupt jemand für ihn interessiert". Das traf mich sehr, freute mich aber gleichzeitig auch, da ich diejenige sein konnte, die ihm ein Zuhause schenkte. Nach einer Begutachtung meiner Wohnung durch die Tierschutzorganisation war klar: Domi zieht bei mir ein. Yeah! Mega Freude! Endlich nicht mehr alleine wohnen!


Spät nachts im Dezember, eine Woche vor Weihnachten, war es soweit: Domi kam mit dem Flieger aus Portugal nach München und wurde zu mir gebracht. Zusammen mit meiner Schwester und einem Freund wartete ich aufgeregt in meiner Wohnung. Meine Schwester hatte ein kleines Carepaket mit Leckerlis und Futter vorbereitet. Ein kleines Willkommensgeschenk für Domi also. Als er mich das erste Mal aus seiner dunklen Transportbox anschaute, waren wir uns beide glaube ich etwas unsicher. Er: "Oje, was mache ich hier, wer ist diese Frau und warum schaut sie so komisch?" Ich: "Oje, ist der süß aber so scheu und ängstlich, ob er wohl jemals gestreichelt werden will...?"


Drei Tage später verließ Domi das erste Mal seine Transportbox



Das ging eine ganze Weile so. Drei Tage nach seiner Ankunft verließ Domi das erste Mal seine Transportbox. Die hatte ich zusammen mit Futter und dem neuen Katzenklo ins Bad gestellt, um Domi etwas Ruhe zu geben. Ich schlief auf dem Sofa, damit ich besser mitbekam, ob komische Geräusche aus dem Bad kommen. Irgendwann schob sich abends ein Schatten aus der Badezimmertür. Ganz langsam und unsicher. Domi hatte sich rausgeschlichen und fing an, meine – und nun auch seine – Wohnung zu erkunden. Und das war wirklich wie im Film. Also einem Horrorfilm. Domi bewegte sich nämlich immer dann, wenn ich gerade nicht hinschaute. So kam er immer näher, ich sah ihn aber nie laufen. In etwa drei Minuten hatte er sich bis hinter die Pflanze neben meinem Sofa vorgearbeitet. Da stand er und schaute mich mit großen Augen an. Nicht mal eine Minute später war er auf meine Decke gesprungen und lag auf meinem Schoß. Wahnsinn! Dass das doch so schnell geht, hätten wir wohl beide nicht gedacht. Was soll ich sagen? Ab diesem Moment war alles geritzt und unsere Freundschaft besiegelt. Domi schlief automatisch bei mir im Bett, leistete mir Gesellschaft bei Netflix auf dem Sofa und empfing mich freudig an der Tür, wenn er hörte, dass ich nach Hause kam. Warum schreibe ich das in der Vergangenheitsform, so läuft das ja immer noch. Er ist lieb zu Besucher*INNEN und bekuschelt alle sehr gerne und ausgiebig.


Eine Katze wird zum Arbeitskollegen



Sogar beim Arbeiten ist er an meiner Seite. Oder besser gesagt auf meinem Schoß. Wie oben schon angemerkt liegt er gerade eingekuschelt auf meinen Beinen. Ich habe ihn sogar in meiner Buch-Danksagung als Co-Autor erwähnt. Klar, Domi war der einzige, der wirklich immer, immer, immer an meiner Seite war. Egal wie spät oder früh ich am Schreibtisch in die Tasten haute, Domi war auch da und unterstütze mich. Wir sind in den knapp zwei Jahren, in denen wir nun zusammen wohnen, so ein gutes Team geworden. Es gibt wirklich ein unsichtbares Band, das uns verbindet. Ich hatte vor einiger Zeit einen ziemlich fiesen Bandscheibenvorfall und rate, was passiert ist? Domi hatte kurze Zeit später auch einen. Mit Tabletten und Ruhe wurden wir beide Gott sei Dank wieder fit.


Domi merkt, wenn es mir schlecht geht und passt sich meinen Stimmungen an. Ich bin ein sehr nachdenklicher Mensch und mache mir über viel zu viele Dinge Gedanken. Deswegen tut es mir so gut, dass Domi da ist. Er stört mich aber auch nicht, wenn ich Ruhe brauche. Er weiß instinktiv, wie er mich trösten, ablenken oder aufmuntern kann. Dafür liebe ich ihn. Und ich weiß genau: Nicht nur ich habe ihm ein besseres und schöneres Leben geschenkt, er mir auch.


Bitte, bitte, bitte schaut erst in Heimen nach Tieren



Ich wünsche mir, dass mehr Tiere aus Heimen adoptiert und gerettet werden. Sie sind so dankbar und liebesbedürftig. Ich will mir gar nicht ausmalen, was wohl passiert wäre, hätte meine Schwester Domi nicht im Internet entdeckt. Ich weiß aber, dass es noch tausende, ach was, Millionen von kleinen Domis da draußen gibt, die leider nicht so viel Glück haben.


Das Allerbeste zum Schluss...


Deswegen habe ich mich dazu entschlossen, eine weitere Katze zu adoptieren. Domi kriegt also eine Schwester. Sie kommt aus dem gleichen Heim wie Domi und ist auch FIV-positiv. Ihr Name ist Irmie und sie ist tiefschwarz. Wie das so wird und wie Irmie Domis und mein Leben auf den Kopf stellt, werde ich bald berichten.

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